Alfons Egger
Die Ausstellung eines Anderen
Opening: 8. April 2016, 7pm
April - June 2016

Text zur Ausstellung 
Alfons Egger - Die Ausstellung eines Anderen – Facetten des Ich

Leitmotiv der Ausstellung bei Hans Widauer ist für Alfons Egger die Figur des Dichters Jakob Michael Reinhold Lenz, dessen Krankheit nach einem psychischen Zusammenbruch manifest wurde. Georg Büchner beschreibt in seiner Erzählung Lenz, die 1839 posthum veröffentlicht wurde, die Begegnung mit dem Pfarrer und Sozialreformer Oberlin. Büchners Interesse war hierbei vor allem das des Mediziners und Naturforschers.[1] In der Erzählung seziert Büchner jenen Zustand der Desorientierung und Haltlosigkeit als universelle menschliche Grenzerfahrung. „[...] nur war es ihm manchmal unangenehm, dass er nicht auf dem Kopf gehen konnte.“ Wenn Alfons Egger dies im Rahmen einer Performance menetekelhaft auf die Wand schreibt, so greift er hier die psychischen Befindlichkeiten eines Anderen auf. Zugleich identifiziert sich der Künstler aber im Akt des Schreibens mit dem Helm auf dem Kopf mit dem literarischen Helden.

Das Ich bestimmt das künstlerische Werk von Alfons Egger. In einem Gespräch nennt er die Ausstellung „archivarisch“. Nicht jedoch die Chronologie, die sachlich nüchterne Aufarbeitung der eigenen Person und Biographie ist Thema der Ausstellung. Vielmehr entsteht im Betrachter ein komplexes Gefüge in Bezug auf die Person des Künstlers, die zugleich ganz nah und dennoch ungreifbar erscheint. Bruchstückhaft sieht man den Bronzeabdruck des Fußes des Künstlers auf einem Holztisch. Das Selbstportrait als vermeintliches Zeitstück vergangener Zeiten wird übermalen und modifiziert, ein Augenpaar blickt dem Besucher aus überhöhter Perspektive hypnotisch magisch aus der Wand entgegen. Das Wesenhafte in den Werken Alfons Eggers liegt in der Fragmentierung des Körperlichen, einzelne Teile wie der Kopf, der Fuß, die Gliedmaßen, erscheinen losgelöst von der Gesamtfigur.

Die Collage ist ein wesentliches Element in diesem Kosmos.  Disparate Elemente werden wie selbstverständlich auf eine Bildfläche gesetzt. Sie verbinden Aleatorisches mit selbst Erlebtem, Erinnerungsstücke treffen auf formale Indikatoren, Biographisches wird als Zitat, als formales Element oder auch als inhaltliches Thema sichtbar.  So erinnern etwa die ausgehöhlten gestapelten Autos an eine Performance in der Galerie Krinzinger von 1989. Das ICH ist konstitutiver Teil der geschichteten Fiats, als handelndes historisches Ich und als Verweis auf die Schichten des Individuellen andererseits.

So entsteht ein universeller Kosmos, in dem der Künstler sich selbst begegnet. Als Besucher sind wir aufgefordert, uns auf eine aufregende Entdeckungsreise in menschliche Innen- und Außenwelten zu begeben. Wir verbinden die bruchstückhaften, anekdotisch verkürzten Indikatoren mit der eigenen Suche nach Befindlichkeiten und Identitäten. So wird Büchners Reflexion über das „Auf-dem-Kopf gehen“ zur existentiellen Frage nach dem Selbst.

In diesem Sinne ist die Ausstellung Eggers die Ausstellung eines Anderen. In immer neuen formalen und inhaltlichen Assoziationen, Fragmenten und Kommentaren – „Der Fuss ist das Auge“ – legt der Künstler sein Ich bloß und konfrontiert uns damit zugleich mit der universellen Hinterfragung des Ich.                                                                                                       Gaby  Gappmayr, 2016

[1] vgl. Artikel https://www.uni-due.de/einladung/index.php?view=article&catid=38%3Akapitel-3&id=76%3A35lenz&tmpl=component&print=1&layout=default&page=&option=com_content (aufg. 5.4.2016)