Alexander Wolff
Days Cracks & Night Shadows
Opening: 31. January 2014, 7pm
February - April 2014
Text zur Ausstellung
Alexander Wolff “day cracks & night shadows”
Der in Berlin lebende Künstler Alexander Wolff (* 1976 in Osterburg) zeigt bereits den ersten Schritt in die Ausstellung “day cracks & night shadows” als einen möglichen Schritt zuviel, als einen durch einen Patchwork-Vorhang, der erste Erwartungshürden verschieben, wenn nicht gar umstoßen kann. Er beschreibt den Moment eines Ein- und Austretens aus der Erfahrung, als Wechselspiel von Teilhabe und Distanz, von Immersion und Reflexion. Schon ist ein Prozess in Gang gesetzt, man bekommt einen Vorgeschmack des Entdeckens, man sieht die Arbeiten in ihrer Form den sie umgebenden Raum, vom Boden bis zur Decke aufgreifen.
Das Erlebnis der Kunst scheint hier als kreisförmiger Prozess, der von jedem beliebigen Punkt in der Ausstellung aus starten kann – wobei die möglichen Punkte Praxis, Geste, Diskurs, Dokumentation, Reproduktion sind oder einfach für ein Nachdenken über Malerei durch die Malerei stehen. Wolff reflektiert nicht nur die materiellen Bedingungen wie Farbmaterial, Farbe, Bildträger oder Pinsel, Bildformat oder Malverfahren, oder in den Straßenspuren, den titelgebenden “cracks” als lose verteilte Poster den Berliner Entstehungsort der Arbeiten und in Folge den Ausstellungsort jener hier in Innsbruck (ehemaliges Dekorgeschäft), er thematisiert zudem das vertrackte Abhängigkeitsverhältnis von Bildträger und Farbauftrag.
Der Maler inszeniert mehrere unterschiedliche Arbeitsstadien der Bildentstehung gegenläufig und konfrontiert diese mit ihrem eigenen Kombinationspotenzial. Die Bilder sind wie in einer neuralgischen Zwischensituation, wo der Bildträger – Stoff als Material selbst, durch den Farbauftrag sichtbar wird, und sich der Bildträger Leinwand sich aus Einzelteilen zusammen setzt, während sich der Farbauftrag über mehrere zusammengenähte Einzelteile zieht, ehe er wiederum mit anderen Einzelteilen zusammengefügt werden kann.
Der eigentliche Farbauftrag steht so in keinem Bezug mehr zum Format und wird doch als formbestimmendes, sich selbst abbildendes, konstruktives Element sichtbar. Er belässt es aber keineswegs in einem analytischen Verhältnis, welches so gar kein Gegenüber in der Welt außerhalb der Malerei kennen will, nur sich selbst zeigt und Malerei ausschließlich als Tätigkeit und Produkt dieser Tätigkeit in der künstlerischen Produktion zum Gegenstand der Reflexion erhebt. Nein, gegenteilig, er zeigt sie allererstens fragil um sie und alle an ihrer Präsentation beteiligten Elemente, Kunstwerke, Architektur, Display-Verfahren, Referenzrepertoires, Hängung, aber auch die Dokumentation im Anschluss einem kontinuierlichen Fluss des Wandels freizugeben und sie dann in neue und meist nicht mehr vermutete Beziehungen zueinander treten lassen zu können.* Dass es die Auswahl der Ausstellungsexponate, die Anordnung und die Inszenierung dieser ist die überhaupt Bedeutung produzieren, die Ausstellung dabei auch das zentrale Medium innerhalb des Feldes der Kunst ist, über das Diskurse vermittelt, aber auch Kunstgeschichten vor dem Hintergrund des jeweiligen Lokalkoloriten geschrieben werden können, bündelt die in “day cracks & night shadows” gezeigte „ Köln Skulptur“. Als skulpturale Referenz an Heimo Zobernigs erste Galerie-Ausstellung in Köln 1990, enthält sie historisierende Katalogproduktionen aus der Zeit, einige Künstlerinnen Magazine, bzw. eigenen print-on-demand Produktionen bereit und stellt sozusagen die, die diskursive Referenz konstituierenden Parameter und deren Dokumentation mit aus. Noch viel wichtiger und nicht außer Acht zu lassen ist weiters, dass das zeitlich und räumlich begrenzte Medium der Ausstellung nicht immer nur an eine bestimmte institutionelle und diskursive Situation gebunden ist, die stets im Hier und Jetzt verankert ist und von den Rezipienten mitgetragen wird, auch deren medialer Niederschlag und die Nachrichtenzirkulation in Kunstkreisen darüber in einem zeitlich undefiniert anhaltendem Danach formt die Rezeption, auch wenn diese Faktoren von Alexander Wolff dafür in “day cracks & night shadow” einmal mehr komplett neu, mit noch offenem Ausgang angelegt sind.
Christian Egger
* „ Dass eine Auseinandersetzung mit dem Zusammenhang zwischen Präsentationsbedingungen, Kunstbegriff, Rezeptionshaltungen und Gesellschaft im Medium der Kunst selbst statthaben kann, verweist nämlich auf eine tiefgreifende Veränderung im Kunstbegriff, die das möglich macht.“
Juliane Rebentisch - Theorien der Gegenwartskunst zur Einführung, Junius, 2013 Hamburg