Maria Walcher
Knoten
Opening: 01. September 2023, 7pm
1.-14. September 2023
Text zur Ausstellung
Maria Walcher – Knoten
Die Südtiroler Künstlerin Maria Walcher (*1984) untersucht in ihrer künstlerischen Praxis die Beziehung von kommunikativen Prozessen und gesellschaftlichen Verhältnissen. Dabei bedient sie sich sowohl einer großen Bandbreite künstlerischer Ausdrucksformen als auch den unterschiedlichsten Materialien. Ihre Arbeiten beschäftigen sich mit Fragen des Maßstabes, der Materialität und der Wahrnehmungshierarchie. Viele ihrer Arbeiten thematisierten außerdem das Verhältnis zwischen „nützlichem“ Alltagsgegenstand und „funktionslosem“ Kunstwerk wie zum Beispiel der „Knoten“ (2017/2023).
Der „Knoten“ ist adaptierter Gegenstände des Alltags, den Walcher mit Humor im Kontext der Kunst nobilitiert. Die Künstlerin ist eine Archäologin der Gegenwart, die durch subtile Veränderung der Materialität und Perspektive unseren Blick auf die Wirklichkeit verschiebt. Aber dieses Interesse an scheinbar alltäglichen Dingen, die zu keiner pathetischen Selbstaufladung imstande sind, ist eine Untersuchung über Aufmerksamkeitsökonomie der kapitalisierten Gegenwart. Es gelingt ihr, unser Rezeptionsverhalten subversiv infrage zu stellen, nicht durch plakative Kritik, sondern durch eine subtile Veränderung der Optik, des Maßstabes oder der Materialität.
Auf dem Boden der Galerie Widauer liegt ganz lapidar ein geknotetes Taschentuch aus Porzellan, welches am Rande der Wahrnehmungsschwelle balanciert, was viele ihrer Arbeiten charakterisiert. Walcher fragt nach der spezifischen Form der Beziehung zwischen Werk und Betrachter*in. Wie die Sprache ist auch das Kunstwerk eine geschichtlich wandelbare Trägerin von Erkenntnissen und somit einer kontinuierlichen Transformation unterworfen.
Walchers „Knoten“ sind eine Verschiebung und Neuausrichtung auf das, was nicht unmittelbar offensichtlich ist. Ihre Arbeiten sind stille Modifikationen des Denkens. Sie stellen sich dem Wunsch nach schnellen Einordnungen und bequemen Zuschreibungen hartnäckig in den Weg. In der Fragilität des verwendeten Materials findet die Künstlerin eine verlorene Stimme der Benjaminschen Spur. Vielleicht ist das wahrhaftige Kunstwerk dasjenige, welches weniger sagt.
Florian Waldvogel, 2023